Minggu, 15 Januari 2023

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Stella Goldschlag: Eine wahre Geschichte Peter Wyden

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Leseprobe. Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten. Es lag nahe, dass Stella Goldschlag und Lieselotte Streszak, die so vieles verband, in jenem Jahr des großen Blutvergießens Freundschaft schlossen. Stella war siebzehn, Lilo sechzehn. Beide waren hübsch, von den Jungen umschwärmt, jüdisch und wurden von ihren bürgerlichen Eltern abgöttisch geliebt. Beide wuchsen im behaglichen Berliner Mittelstandsbezirk Wilmersdorf auf.Die Zeiten waren jedoch alles andere als behaglich. Es war der Herbst des Jahres 1939, und Hitler hatte soeben den Zweiten Weltkrieg entfesselt. Auf seiner Liste der Feinde standen die Juden ganz oben, und für jüdische Jugendliche gab es gesellschaftliches Leben nur in ihren letzten Refugien, den Wohnungen ihrer Eltern.So traf sich an Sonntagnachmittagen eine Gruppe von jungen Leuten in der Wilmersdorfer Wohnung des jüdischen Kaufmanns Kurt Kübler in der Mommsenstraße, wo sie tanzten, flirteten und sich unterhielten. Der Sohn des Hauses, Manfred Kübler, wurde Stellas fester Freund. Dort begegneten sich Lilo und Stella und fühlten sich schnell zueinander hingezogen.Als sich das Kriegsglück gegen Hitler zu wenden begann und seine Obsession, alle Juden zu vernichten, im Wahnsinn der Todeslager gipfelte, besorgten sich beide Mädchen falsche Papiere und lebten heimlich und illegal im Verborgenen; sie verloren sich aus den Augen, bis sie sich im Februar 1944 zufällig trafen, als sie beide vor einem Milchladen in ihrem alten Viertel um Milch anstanden.Lilo schrak zusammen. Die Berliner »U-Boote« ― im Untergrund lebende Juden – standen über den Mundfunk immer noch untereinander in Verbindung und übermittelten sich lebenswichtige Nachrichten, und Lilo hatte ein haarsträubendes Gerücht gehört. Von ihrer alten Freundin Stella wurde behauptet, sie sei von der Gestapo »umgedreht« worden. Es hieß, sie habe eingewilligt, Juden zu verraten, sie aufzuspüren und sogar festzunehmen.Lilo konnte sich das einfach nicht vorstellen, so beruhigte sie sich in dem Milchladen schnell, als Stella lächelte und sich über das Treffen mit der Freundin nur zu freuen schien. Die beiden jungen Frauen plauderten eine Weile und verabredeten dann, in Kontakt zu bleiben, und Lilo schob die ungeheuerliche Möglichkeit von sich, dass ihre Busenfreundin fahnenflüchtig und eine Verräterin geworden sein könnte. Zehn Tage später erschien Stella an Lilos Wohnungstür. Jetzt lächelte sie nicht mehr. Ein junger Mann in Zivil stand drohend hinter ihr, aber es war Stella, die sprach.»Es tut mir leid, Lilo«, sagte sie. »Ich muss dich auf Befehl der Gestapo verhaften. Mach keine Geschichten, keinen Fluchtversuch, sonst muss ich von der Schusswaffe Gebrauch machen.«

Schon viele Jahre gab es in der deutschen Literaturkritik und im Feuilleton keine so heftige und leidenschaftliche Debatte mehr wie über den Roman „Stella“ des Spiegel-Journalisten Takis Würger. Seine fiktive Geschichte eines Schweizer Bürgersöhnchens, der nach Berlin geht, um herauszufinden, was es mit den Judenverfolgungen des Nazis auf sich hat und dort auf Stella Goldschlag trifft, sich in sie verliebt und dann auch Kenntnis erlangt darüber, dass sie als „Greiferin“ andere jüdische Menschen in großer Zahl an die Gestapo verrät, hat sofort eine Menge Kritiker auf den Plan gerufen.Die sehr grundsätzlich und moralisch gestellte Frage geisterte lange durch die Feuilletons, ob man ein solches Thema auf diese Weise darstellen darf und kann. Während die Kulturredaktion des NDR das Buch zum „Buch des Monats“ gewählt hat, lehnen es andere zum Teil mit Empörung ab, so als hätte Takis Würger hier ein größtmögliches Sakrileg begangen. Es geht dabei um den Vorwurf der Effekthascherei, des Kitsches, die Tatsache, dass Würger beim Spiegel arbeitet, weckt bei vielen Assoziationen zum Fall Relotius. Letztlich geht es um die Frage: darf man in Deutschland über die Nazizeit und oder eine jüdische Hauptfigur auf eine so kurzweilige und unterhaltsame Weise schreiben? Darf ein Buch über ein solches Thema von einem Nichtjuden geschrieben werden und darf es unterhaltsam sein?Hannah Lühmann schrieb in der WELT: "Warum sollte es denn verwerflich sein, einen kurzweiligen Roman auch über eine entsetzliche Zeit zu schreiben?"Ich selbst ergänzte in einer Rezension dieses Buches:„Das habe ich mich beim Lesen und Schreiben auch gefragt. Dass man an der nun wirklich naiven männlichen Hauptperson einiges kritisieren kann, okay. Aber einem Autor quasi zu untersagen, eine solche Geschichte zu erfinden, grenzt an hypermoralische Zensur.“Der Steidl Verlag in Göttingen, der eine Biographie über Stella Goldschlag von Peter Wyden, die Takis Würger mit Sicherheit für seine Recherchen zu seinem Buch benutzt hat, schon 1993 veröffentlichte, hat nun „aus aktuellem Anlass“ wie er in einer Pressemitteilung schrieb, diese Biographie neu aufgelegt.In dieser Neuauflage, die ich sehr begrüße, weil sie ein lange nicht mehr lieferbares Buch für alle an dieser literaturkritischen Auseinandersetzung interessierte Zeitgenossen wieder zugänglich macht, verzichtet der Verlag auf jeglichen Bezug auf Takis Würgers Buch und die Debatte, die es ausgelöst hat. Jeder soll sich mit der Lektüre dieser Biographie sein eigenes Bild machen.Mir jedenfalls ist die Person Stella Goldschlag und ihre Geschichte durch dieses Buch auf eine viel intensivere Weise nahe gekommen als in Takis Würgers Roman.

Ich kam durch eine Radiorezension (Deutschlandfunk) darauf. Peter Wyden legt das Ergebnis einer umfassenden, 48-jährigen Recherche über Leben, Migration und Vernichtung der Berliner Juden in der Nazizeit vor, die er - mit umfangreichen Quellenangaben - in vielen kleinen Geschichten präsentiert. Roter Faden ist dabei seine eigene Schulzeit, und ein Mädchen in das er verliebt war, die zur Täterin wird. Dies Buch könnte im Geschichtsunterricht (Abiturklasse) gelesen werden, damit man erkennt, wie letztlich bloße Zufälle die einen zu Opfer, andere zu Überlebenden, und wieder andere zu Tätern machten. Und damit man, am besten schon als junger Mensch, lernt, nicht zu verurteilen, wenn man das Glück hat, in der Demokratie aufgewachsen zu sein, wenn schon jemand wie Peter Wyden nicht verurteilt, der allen Grund dazu hätte. Der nur das Glück hatte, dass seine Eltern - seine Mutter vor allem - rechtzeitig ihre Ausreise betrieben und auch Geld dazu hatten. Das Buch ist schwer zu ertragen, aber spannender, und geht mehr in die Tiefe als jeder Roman tun kann. - Und ich glaube auch, dass Stella nachts von Zügen träumte, nämlich solchen mit Ziel Auschwitz, und die Träume am Schluss nicht mehr aushalten konnte...

Das Buch wude sehr schnell geliefert, zu Inhalt des Buches später, ebenso folgt später nach der Lektüre die Bewertung
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