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Der Tastenficker: An was ich mich so erinnern kann Flake
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Leseprobe. Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten. »Als ich die Rolling Stones für mich entdeckte, kam meine Mutter begeistert ins Zimmer getanzt. Sie erklärte mir freudig, dass mein Mick Jagger genauso alt sei wie sie. Das wollte ich gar nicht hören, denn nun würde ich immer an meine Eltern denken müssen, wenn ich die Stones hörte. Mir gefielen die Stones danach nur noch halb so gut. Dann stand ich also auf die Dead Kennedys, weil die so schnell und hart spielten. Und was soll ich sagen. Meine Mutter war auch von denen stark beeindruckt und erklärte mir, dass Jello Biafra ein linker Kommunalpolitiker sei und sie ihn allein schon deswegen ganz toll fände. Da war mir die Musik auch verleidet. Aber das Allerschlimmste ist, wenn sich die Eltern zu einem Konzert anmelden. Schon das Wissen, dass da meine Mutter im Publikum steht, lähmt mich komplett. Wenn ich sie dann noch sehe, wie sie angeregt im Rhythmus unserer Musik wippt, komme ich mir ertappt vor, als hätte ich ihr jahrelang den braven Jungen vorgespielt und die Musik, die ich mache, vorenthalten.« Flake
Schon lange bin ich ein Riesenfan von Rammstein. Mich hat der Keyboarder der Band schon immer neugierig gemacht. Bislang kannte ich ihn nur in diesem goldenen Glitzer-Strampelanzug. Einer, der völlig bizarr auf seiner eigenen Musik abgeht. Ich wollte wissen, wer hinter dieser Fassade aus Irrsinn steckt...Flake beginnt mit seiner Geschichte ganz vorne und erzählt zunächst mal von seiner Kindheit in der DDR, was für sich genommen schon ziemlich spannend ist, wenn man wie ich mit Ost-Deutschland nichts am Hut hatte.Er erzählt, wie er zur Musik kam, wie seine ersten Versuche am Klavier endeten. Fast schon witzig fand ich, was er alles anstellen musste um in der DDR an ein Casio zu kommen. Und er erzählt von seinen vielen Bands und wo er schon überall als Gast-Keyboarder mitspielen durfte. Man merkt so richtig wie ihm die Zeit fehlt in der er ungezwungen Musik machen konnte und sich um nichts anderes sorgen musste. Als Punk haben ihm so alltägliche Sachen wie Rechnungen bezahlen, eh nicht interessiert.Flake scheint in seinem Leben schon alles einmal ausprobiert zu haben. Alles was er macht, soll ihm zuerst mal Spaß machen. Einmal in seiner Schule auftreten, obwohl seine Kumpels ihn hängen lassen und er kaum sein Instrument beherrscht? Warum nicht! Seinen eigenen Gesang hat er irgendwo im Buch als "ekelhaft" bezeichnet, trotzdem zieht er diesen Auftritt durch, auch wenn er fast alleine auf der Bühne steht.Einem Wildfremden seine Autoschlüssel überlassen, nur weil dieser nett darum gebeten hatte? Kein Problem.Und warum nicht in dieser fragwürdigen Geschäftsidee investieren, in der es um alte Autos geht. Er mag alte Autos, Punkt. Und ehe er sich versieht, kutschiert er Pärchen zum Standesamt und muss denen erklären, warum dieses Vehikel von seinem eigenen Autoverleih gerade abgesoffen ist und sie deshalb zu spät zur eigenen Hochzeit kommen.Er erzählt von Allem, wie es ihm gerade passt, und selbst dann schweifen seine Gedanken manchmal so ab, dass man gar nicht mehr weiß worum es eigentlich ursprünglich ging. Dann erzählt er über die unwichtigsten Sachen, sein Lieblingsessen vielleicht, oder was er mal auf eine seiner langen Wanderungen entdeckt hat.Sein Buch macht Spaß, man merkt, wie er sein Leben mit allen Sinnen auskostet. Das er sich an den kleinsten Dingen erfreuen kann.Rammstein kommt in diesem Buch fast gar nicht vor. Was aber auch nicht schlimm ist, denn Flakes Erlebnisse sind so unterhaltsam, gefehlt hat mir da nichts.Zwischendrin gibt es immer mal selbst geschossene, völlig verwackelte Photos von und mit ihm und selbst gemalte Bilder aus seiner Kindheit und seinem Erwachsenen Leben (der Unterschied ist manchmal schwer auszumachen). Dazu gibt es dann auch immer einen Kommentar von ihm.Dieses Buch ist nicht die große Literatur, erwartet habe ich das aber auch nicht. Mal ehrlich, wäre das Buch in einem allzu hochgestochenen Stil geschrieben worden, hätte ich ihm kein Wort geglaubt. So, wie es geschrieben ist, liest es sich, als ob Flake neben dir bei einem Bier an der Theke sitzt und dir sein Leben erzählt. Einfach nur so, weil sich die Gelegenheit gerade bietet.Das Buch ist, wie man sich Flake vorstellt: etwas naiv, etwas infantil, aber 100% ehrlich und liebenswert.
Ja, manchmal gibt es durchaus noch Werke, die einen überraschen.Eigentlich hatte ich mir Flakes Bücher gekauft, weil eine Lesung anstand, man muss ja schließlich vorbereitet sein und als sie dann ankamen, wollte ich nur mal kurz reinlesen.Das Ganze endete damit, dass ich bereits bis zur Seite 33 drei herzhafte Lacher hinter mir hatte und mein aktuelles Buch erstmal zur Seite legen musste …Flake, den man ja eigentlich nur als den etwas durchgedrehten Keyboarder von Rammstein kennt, der auf der Bühne schon gern mal ein merkwürdiges Tänzchen hinlegt oder im Kochtopf landet, zeigt sich hier von einer etwas anderen Seite.Ruhig und immer mit einem gehörigen Schuss Selbstironie erzählt er von seiner Kindheit in der DDR, den Familienausflügen zur Müllhalde, den Wanderungen in der freien Natur, dem Zusammenhalt, Mobbing in der Schule, Alkoholproblemen, dem Pech mit Frauen, der Liebe zur Musik, Dinge, die jeder kennt, in die man sich sofort hineinversetzen kann und immer wieder schmunzeln muss, auch wenn einem der arme, unbedarfte Tropf doch irgendwie leid tut."... Ich freue mich immer, wenn ich alte Leutchen treffe, besonders wenn es ein Paar ist und die so süß Hand in Hand die Straße langzittern. Da muss ich weinen. Auch wenn ich sehe, wie ein Opi im Netto eine Tafel Schokolade für seinen Enkel kauft und nicht weiß, dass der lieber Geld für Drogen hätte..." (Seite 31)Faszinierend finde ich auch, dass der Name Rammstein nur ein einziges Mal fällt, auf der letzten Seite.Klar geht es auch viel um Musik und das ganze drum und dran, aber man wird nicht von irgendwelchem Fachwissen erschlagen, nein, man hat die ganze Zeit das Gefühl, ein ganz normaler Typ plaudert über sein doch etwas chaotisches Leben und das macht ihn in meinen Augen sehr sympathisch, weil man doch immer wieder irgendwie mitleidet.Ich weiß nicht, was genau ich erwartet habe, ich muss allerdings zugeben, dass ich lange nicht mehr so gelacht habe und sich auch die eine oder andere Kindheitserinnerung aus der Dunkelheit ans Licht gekämpft hat.Danke Flake, dafür gibt's volle Punktzahl, diesmal sogar ganz unblutig, na ja, zumindest fast...
Beim Lesen dieses netten Buches wurden Erfahrungen und Erlebnisse beschrieben, die ich persönlich genau so kenne und nachempfinden kann. Ein wirklich empfehlenswertes Buch auch über nette Geschichten aus der DDR, die möglicherweise der "gemeine Wessi" gar nicht so nachvollziehen kann. Auch die Analyse der "Wende" und jetzigen Gegenwart hier in der BRiD trifft es sehr gut.Herzlichen Dank an Flake für diese Buch.